Gibt es Sand wie Sand am Meer?

Über einen sehr selten gewordenen Rohstoff:

Sand definiert sich über die Größe der Körner. Man spricht von Sand, wenn die Körner zwischen 0,065 und 2mm groß sind. Wenn diese kleiner sind, bezeichnet man sie als Schluff oder Ton und bei einem größeren Durchmesser ist von Kies die Rede. Hätten Sie das gewusst? Unsere FÖJlerin Linda Göldner hat sich mit den begehrten Körnchen auseinandergesetzt und berichtet hier über die verheerenden Auswirkungen des Baubooms:

„Hot Sand“ by romainguy is marked with CC0 1.0


Die kleinen Quarzkörnchen sind nach Wasser zum weltweit am meist konsumierten natürlichen Rohstoff geworden. Sie kommen beispielsweise in Zahnpasta oder in weiterverarbeiteter Form in Lebensmitteln vor. Zudem sind sie ein essentieller Bestandteil von Elektrochips, Glas oder
Solarzellen und: Beton.
Die Bauindustrie ist der größte Sandverbraucher. 2/3 der Bauwerke bestehen aus Beton, der wiederum ebenfalls zu 2/3 aus Sand besteht. So kommt es, dass in einem durchschnittlichen Familienhaus 200 t Sand und in einem Kilometer Autobahn gar 30.000 t Sand verbaut sind.
Für die Herstellung von Beton kann allerdings nur Meeressand verwendet werden, denn die Wüstensandkörner, wie zum Beispiel die aus der Sahara, sind vom Wind zu rund geschliffen und werden den Anforderungen damit nicht gerecht.
Die Nachfrage nach dieser Ressource ist in den letzten 30 Jahren um gut 360% gestiegen und hat mittlerweile zur Folge, dass die Wirtschaftsentwicklung der ganzen Welt von diesen wertvollen Körnchen
abhängt.
Wenn es wie hierbei zu einem großen Geschäft kommt, rücken Menschen­ sowie Umweltrechte meist schnell in den Hintergrund.
Der Rohstoff Sand wird inzwischen aufgrund von etlichen Verboten von Exporten illegal gehandelt. Auch deshalb hat sich über die Zeit ein Zusammenschluss gebildet, der als „Sandmafia“ bekannt ist und mit den
Methoden der Gewalt, Korruption, Plünderung und des Schmuggelns agiert.
Diese Mafia stiehlt in vielen Teilen der Erde Sand von Küsten und Meeresböden. Dabei werden unter anderem etliche Menschenleben
aufs Spiel gesetzt. Sandtaucher begeben sich zumeist ohne jegliche Ausrüstung in 15m Tiefe für gerade mal 12€ pro Tag. In Indien ist die
Sandmafia die größte kriminelle Vereinigung des Landes und baut jährlich 2 Milliarden Tonnen Sand ab.
Zudem werden Journalist*innen in diesem Teil der Erde stetig bedroht, wenn sie Recherche zum Thema Sandabbau betreiben. Für wenige führte dieses Interesse bereits zum Tod.
Aber nicht nur Menschen leiden unter dem großen Geschäft sondern auch die Umwelt. Das UN­ Umweltprogramm schätzt den jährlichen Umsatz auf 40­50 Milliarden t Sand und warnt zugleich vor den damit einhergehenden
Folgen wie Erosion, Zerstörung von Lebens­raum, verschmutztes Grundwasser und erhöhte Gefahren von Dürren oder Überschwemmungen. Studien besagen, dass es, wenn es so wie bisher weiter geht, im Jahr 2100 keine Strände mehr geben wird.

Bereits jetzt verschwinden diese; sogar komplette Inseln und unzählige
Meerestiere sowie andere Lebewesen verlieren damit ihren Lebensraum. Der Abbau von Sand wird zudem immer aufwendiger und umweltschädlicher. Das Ausbaggern des Meeresbodens vernichtet ganze Korallenriffe und hat zur Folge, dass die Nahrungskette unterbrochen wird und damit ein Verlust der Biodiversität einhergeht. Auch Sauger, die den Sand an die Oberfläche bringen sollen, machen ebenfalls keinen Unterschied zwischen Körnern oder Kleinlebe­wesen.
Wenn man be­rücksichtigt, dass der Sand 100 bis 1000 Jahre benötigt, um an die Meere zu gelangen und seinen wertvollen Zustand zu erreichen, wird schnell klar, dass die jetzige Abbaumenge viel zu groß ist und die Umwelt
damit in ein Ungleichgewicht kommt.
Sand ist darüber hinaus auch ein Wasserfilter. Wenn dieser ver­schwindet, gelangen Schadstoffe in die Gewässer und Ökosphäre. Dadurch gerät unter anderem die Landwirtschaft in Gefahr, denn durch einen Verlust der natürlichen Sand­barriere, gelangt Salzwasser in den Boden und manipuliert damit die Ernte.

Was kann man tun, um mit Sand nachhaltiger umzugehen?
Zunächst können wir als Verbraucher*innen unseren Umgang und Konsum anpassen. Heißt: die Gebrauchsdauer eines Produktes maximal ausnutzen und bei einem Kauf von einem „neuen“ Gegenstand eine Gebrauchtware wählen. Das gilt auch beim Bauen.
Eine andere Idee ist, den Individualverkehr einzuschränken, denn Autos
fahren unter anderem mit Erdöl, das beim Fracking mithilfe von Sand abgebaut wird.
Auch das Wiederverwenden von Glas ist recht effektiv. Von den Glasabfällen in Deutschland werden gerade mal ca 30% sinnvoll recycelt. Werden die Flaschen zerkleinert, könnte man zwischen kleineren und größeren Partikeln unterscheiden. Die kleineren würde man zum Aufbereiten von neuem Glas und die größeren für einen sogenannten Recyclingbeton verwenden.
Zusätzlich wird versucht, Wüstensand für die Verwendung fit zu machen. Es wird bspw. daran gearbeitet, die einzelnen kleinen Körner mithilfe von
gebündeltem Sonnenlicht zu größeren Körnern, die dem Meeressand gleichen, zu verschmelzen.
Einige Länder versuchen bereits, den Sandabbau zu regulieren. Dänemark
bspw. besteuert den Verbrauch von Meeressand. Der Verbrauch ging
daraufhin um 80% zurück.

Zum Weiterlesen:

LINDA GÖLDNER